Mehr als nur Lob: Wie echte Wertschätzung Teams produktiver macht

Flug OS 65 von Wien nach Chicago. Die Kabine füllt sich langsam, die ersten Gäste kommen an Bord. Einer bleibt kurz stehen, sieht mich an und sagt mit einem Lächeln:
»I think I’ve seen you before – wasn’t it on the flight from Tel Aviv to Vienna a few weeks ago?«

Ich runzle die Stirn. »Really?«

Ich schaue in an. Und plötzlich fällt mir alles wieder ein. Der Flug von Tel Aviv – kein entspannter Nachtflug, sondern eine dieser engen, vollen Maschinen, in denen man eigentlich kaum Zeit zum Atmen hat. Und trotzdem: Wir haben ein paar Minuten miteinander gesprochen. Über österreichischen Wein. Ein Gespräch wie ein kurzer Sonnenstrahl mitten im Trubel.

Er nickt und sagt einfach:
»Yes. Because I always remember nice people.«

Das hat mich getroffen – im besten Sinn. Nicht, weil es schmeichelhaft war. Sondern weil es mir gezeigt hat, was Wertschätzung wirklich ist: Nicht große Gesten. Nicht Applaus. Sondern dieses stille Gesehenwerden. Dieses Gefühl, dass etwas hängenbleibt. Dass man nicht einfach nur funktioniert hat – sondern als Mensch in Erinnerung geblieben ist.

Und genau das fehlt in vielen Unternehmen. Wertschätzung ist nicht laut, nicht aufdringlich. Aber sie wirkt. Sie bleibt. Sie verändert etwas – in uns und zwischen uns. Und sie ist kein Bonus, kein »Nice to have«, sondern ein menschliches Grundbedürfnis. Wie Sonnenlicht für die Seele.

In diesem Artikel finden wir heraus, was die moderne Psychologie dazu sagt. Und welche Folgen es hat, wenn Wertschätzung fehlt.

Von Maslow zu moderner Psychologie: Warum brauchen Menschen Wertschätzung?
Mangelnde Wertschätzung ist teuer – für Menschen und Unternehmen
Lob allein reicht nicht: Was echte Wertschätzung ausmacht
Mehr als nur Danke sagen: Fünf Wege zu gelebter Anerkennung
Wertschätzung zahlt sich aus – immer

Von Maslow zu moderner Psychologie: Warum brauchen Menschen Wertschätzung?

Abraham Maslow stellte bereits in seiner berühmten Bedürfnispyramide fest, dass Menschen nach Anerkennung und Wertschätzung streben, sobald ihre grundlegenden Bedürfnisse gedeckt sind. Doch seine Theorie stammt aus den 1940er-Jahren – die moderne Psychologie hat dieses Konzept weiterentwickelt und verfeinert.

Die Selbstbestimmungstheorie (Self-Determination Theory, SDT) von Deci und Ryan beschreibt drei psychologische Grundbedürfnisse, die für Motivation und Wohlbefinden entscheidend sind:

  • Autonomie: Das Gefühl, das eigene Handeln selbst zu steuern.
  • Kompetenz: Die Erfahrung, fähig und wirksam zu sein.
  • Soziale Eingebundenheit: Das Bedürfnis nach Anerkennung und Zugehörigkeit.

Wertschätzung versorgt diese Bedürfnisse. Sie zeigt Menschen, dass sie gesehen und ihre Beiträge geschätzt werden – und das ist die Grundlage für Motivation, Teamgeist und langfristiges Engagement.

Mangelnde Wertschätzung ist teuer – für Menschen und Unternehmen

Ein Mangel an Wertschätzung wirkt wie Sand im Getriebe: Er bremst Motivation, Zusammenhalt und Innovationskraft. Auf individueller Ebene führt fehlende Anerkennung zu Frustration, Unsicherheit und Stress. Menschen, die sich dauerhaft nicht gesehen fühlen, verlieren nach und nach ihre innere Antriebskraft.

Doch das betrifft nicht nur Einzelne. In Teams entsteht ein Klima der Resignation: Mitarbeitende tauschen sich weniger aus, unterstützen sich nicht mehr aktiv und erledigen nur noch das Nötigste. Das Wir-Gefühl zerfällt, während Konflikte und Missverständnisse zunehmen.

Auch für Unternehmen hat dies schwerwiegende Folgen. Das Job-Demands-Resources-Modell (JD-R) zeigt: Wer viel leisten muss, braucht auch genug Anerkennung und Unterstützung – sonst droht Überlastung. Sind die Arbeitsanforderungen (Job Demands) hoch, aber Anerkennung, soziale Unterstützung und Mitspracherecht gering, steigen Stress, Krankenstand und Fluktuation.

Ein Unternehmen ohne Wertschätzung wird so zur kühlen, distanzierten Maschinerie – Mitarbeitende kündigen innerlich oder verlassen frustriert das Unternehmen. Das kostet nicht nur Geld, sondern auch Innovationskraft und Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt.

Lob allein reicht nicht: Was echte Wertschätzung ausmacht

Gute Führung ist wie Gartenarbeit: Wer will, dass sein Team gedeiht, muss regelmäßig gießen – mit Wertschätzung, Anerkennung und echtem Interesse. Der Ansatz des Positive Leadership zeigt, dass Führungskräfte durch gezielte Anerkennung und Stärkenorientierung ein positives Arbeitsumfeld schaffen können. Studien belegen, dass Teams unter positiven Führungskräften produktiver, kreativer und zufriedener arbeiten.

Doch echte Wertschätzung geht über oberflächliches Lob hinaus. Sie bedeutet, Menschen mit Respekt zu begegnen, ihre Beiträge ernst zu nehmen und ihre individuellen Stärken gezielt zu fördern. Positive Leadership bedeutet beispielsweise, Mitarbeitenden Verantwortung zu übertragen, statt Aufgaben nur zu delegieren.

Mehr als nur Danke sagen: Fünf Wege zu gelebter Anerkennung

Wie können Führungskräfte Wertschätzung im Alltag leben? Hier einige konkrete Tipps:

  • Aktives Zuhören: Mitarbeitenden Aufmerksamkeit schenken, ihre Anliegen ernst nehmen.
  • Regelmäßiges, konstruktives Feedback: Klare, ehrliche Anerkennung geben, aber auch Entwicklungspotenziale aufzeigen.
  • Stärkenorientierung: Individuelle Talente erkennen und gezielt fördern.
  • Beteiligung und Verantwortung: Mitarbeitende in Entscheidungen einbeziehen und ihnen Verantwortung übertragen.
  • Kleine Gesten mit großer Wirkung: Ein ehrliches Dankeschön, ein persönliches Lob oder ein gemeinsames Teamessen können viel bewirken.

Eine Führungskraft, die Wertschätzung lebt, könnte sagen: »Ich sehe, wie viel Mühe du dir gibst – das macht einen Unterschied.«

Wertschätzung zahlt sich aus – immer

Wertschätzung ist kein Nice-to-have, sondern der Klebstoff, der Teams zusammenhält. Theorien wie die Selbstbestimmungstheorie, das Job-Demands-Resources-Modell und Positive Leadership zeigen, dass gelebte Wertschätzung nicht nur das Wohlbefinden steigert, sondern auch die Produktivität und Innovationskraft eines Unternehmens erhöht.

Die gute Nachricht: Wertschätzung ist keine Frage von großen Gesten oder hohen Budgets – sondern von echtem Interesse, aufrichtiger Anerkennung und kleinen Taten, die große Wirkung haben.

Die Frage ist also: Wie kannst du heute konkret mehr Wertschätzung in deinen Arbeitsalltag integrieren? Teste es doch einmal aus: Lobe heute gezielt jemanden für eine Leistung. Du wirst sehen, was passiert!

Lies mehr BrainFacts, Blogartikel und TrainYourBrains:

Wusstest du, dass das menschliche Gehirn mit 25 Jahren »ausgewachsen« ist?
Die Entwicklung des Gehirns beginnt im hinteren Teil des Gehirns und arbeitet sich nach und nach bis zu den vorderen Regionen weiter. Daher sind die Frontallappen, die das Planen und Denken steuern, die letzten, die sich entwickeln. Und obwohl das Gehirn mit 25 Jahren fertig entwickelt ist, heißt das nicht, dass sich im »Oberstübchen« dann nichts mehr tut. Eine Reihe von kognitiven Fähigkeiten verbessert sich mit dem Alter auch noch weiter ...
Lies weiter ...
Führungsalltag meistern – mit AD(H)S und den richtigen Werkzeugen
Jetzt geht es ans Eingemachte! Vielleicht hast du dich in den vorherigen Artikeln schon mit den Herausforderungen von AD(H)S im Führungsalltag auseinandergesetzt. Wir haben darüber gesprochen, warum Zeitmanagement für Führungskräfte mit AD(H)S eine besondere Hürde sein kann, welche Lösungsansätze es gibt und wie du deine individuellen Stärken gezielt nutzen kannst. Doch wie sieht das in […]
Lies weiter ...
TrainYourBrain 🧠 »Fokus II«
Kennst du auch das Gefühl, wenn es irgendwie schwierig erscheint, konzentriert zu bleiben? Ständige Ablenkungen, drückende Deadlines oder einfach nur zu viele Dinge, die gleichzeitig erledigt werden müssen, können uns schnell aus der Bahn werfen. Ohne Fokus fällt es uns schwer, Aufgaben zu erledigen, und wir verlieren schnell die Motivation. Eines der einfachsten Dinge, die […]
Lies weiter ...
Erweitere dein Wissen – trainiere dein Gehirn.

Melde dich für unsere Brainmails an und entdecke spannende BrainFacts, fesselnde TrainYourBrain-Übungen und die neuesten Entdeckungen in Neurowissenschaften und Psychologie. Nicht zu vergessen: spezielle Angebote – so einzigartig wie du! 

Bist du bereit für diese Herausforderung? Melde dich jetzt an!
Deine Anmeldung konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuche es noch einmal. Danke!
Du hast dich erfolgreich zu unserer Brainmail angemeldet. Danke!
Du kannst Brainmails jederzeit über den Link in jeder Brainmail abbestellen.

Brainbracer

Embrace Your Brain
——
Innovation braucht Mut, Wissen, Geld – und einen starken Partner. Die FFG als zentrale nationale Förderorganisation bietet Österreichs Unternehmen und Organisationen eine breite Palette an Fördermöglichkeiten. Davon profitieren Einsteiger wie Innovations-Profis, Start-ups oder Einzelforscher genauso wie Konzerne oder Universitäten. Mehr erfahren und Zukunft gestalten. 
Dieses Projekt wurde auch aus Mitteln der FFG gefördert. www.ffg.at
——