Ich bin im (Weihnachts-)Stress!

Jeder von uns hat Stress. Klar, denn das gehört zu unserem modernen Leben irgendwie dazu. Besonders in jetzt in der (Vor-)Weihnachtszeit, in der eine Weihnachtsfeier die andere jagt, man drüber grübelt, was man wem schenkt und wie man das besorgen kann, und eigentlich sollte es die stillste Zeit des Jahres sein! Kein Wunder, wenn du nicht mehr weißt, was du zu erst machen sollst und wo dir da der Kopf steht. Aber was ist Stress eigentlich? Hier liest du, welche Arten von Stress es gibt, wie er entsteht und was chronischer Stress in unserem Körper anrichtet.

Grundsätzlich können wir zwei verschieden Arten von Stress unterscheiden: 

  1. Positiver Stress nennt man Eustress. Dieser regt uns an und wirkt motivierend.
  2. Negativer Stress wird als Distress bezeichnet. Dies ist eine Situation, die wir als subjektiv unangenehm empfinden und uns negativ beeinflusst.

Die Wirkung von Stress im Gehirn steuern unser Hypothalamus und unsere Hypophyse. Sie schütten Hormone wie Adrenalin und Kortisol aus und lösen Abbauprozesse aus. Entscheidend ist allerdings, wie wir selbst die Situation bewerten. Und welche Handlungen wir aus diesem erlebten Stress ableiten. Dabei kann ein und dieselbe Situation positiven oder negativen Stress auslösen. Wenn wir zum Beispiel im Park spazieren gehen und ein großer Hund auf uns zuläuft, entscheiden unsere Erfahrungen und unser erlerntes Verhalten, ob und wie wir Stress erleben. Hundefreunde werden sich wahrscheinlich freuen und gerne mit dem Hund spielen. Jemand, der aber schon ein negatives Erlebnis mit einem Hund hatte oder von einem gebissen wurde, wird Angst empfinden und vielleicht sogar Panik spüren. 

Woher kommt der Begriff Stress?

Der Vater der Stressforschung Hans Selye beobachtete 1936 während eines Laborversuchs an Ratten, dass sich unter Einfluss von Stress deren Lymph- und Thymusdrüsen veränderten. Er bezeichnete diese Veränderungen als Allgemeines Adaptionssyndrom. Später nahm er für dieses Syndrom einen Begriff aus der Physik: Stress als Herausforderung, die uns möglicherweise bedroht, weil sie unsere Kapazitäten zur Bewältigung überschreitet. 

Heute wird Stress als Reiz (Stimulus), Reaktion oder Transaktion gesehen, die psychosoziale und physische Ressourcen eines Individuums verbrauchen und komplexe biologische Reaktionskaskaden auslösen:

  • Stimulusorientierte Sicht: Stress wird durch bestimmte Reize, Situationen oder Bedingungsmerkmale ausgelöst. In der Arbeitspsychologie beispielsweise sind Stressfaktoren am Arbeitsplatz u.a. extremer Zeitdruck und Monotonie. Allerdings reagieren Personen unterschiedlich auf denselben Reiz.
  • Reaktionsorientierte Perspektive: Stress wird mit Erregung gleichgesetzt, also eine unspezifische Reaktion des Körpers, die von mehr oder weniger globalen Bedingungen ausgelöst wird.
  • Transaktionale Perspektive: Stress wird durch ein Ungleichgewicht zwischen den Anforderungen der Umwelt und den Ressourcen des Individuums ausgelöst, wobei das Ausmaß des Stressempfindens durch die individuelle Einschätzung der Bewältigungsmöglichkeiten bestimmt wird.

Was stresst uns?

Stressoren stören von innen oder außen unser Gleichgewicht, und wir brauchen zur Wiederherstellung dieses Gleichgewichts Energie, die wir aber nicht automatisch und unmittelbar verfügbar haben. Es sind also Faktoren, die bei uns mit erhöhter Wahrscheinlichkeit Stress oder Stressempfinden auslösen. Das können physische Einflüsse wie Lärm, Hitze oder Kälte sein, aber auch aus unserem sozialen Umfeld kommen (z.B. Trauer, Isolation, Konflikte) oder ihren Ursprung in uns selbst haben (z.B. Angst, Ärger oder Misserfolg). Unser Körper reagiert auf diese Stressoren mit spezifischen Anpassungsmechanismen und -reaktionen auf biologischer, psychischer und sozialer Ebene wie Vigilanz, Angst, körperliche Aktivität und soziale Interaktionen. 

Allerdings treten Stressoren im Alltag nicht isoliert, sondern in Clustern auf, wobei diese Kumulationen von »daily hassels« mehr Einfluss haben als einzelne größere Lebensereignisse und daher eher zu maladaptiven Entwicklungen führen können.

Ob und wie Stressoren uns negativ beeinflussen, kommt darauf an, wie wir die Situation bewerten, wie intensiv und anhaltend die Herausforderung ist, sowie unsere eigene Konstitution, Kondition und Resilienz. Unsere Kompetenz, stressige Situationen bewältigen zu können, entwickelt sich während unserer Kindheit und Jugendzeit. Diese Entwicklung ist störanfällig: Umwelteinflüsse und genetische Dispositionen entscheiden über unsere Widerstandsfähigkeit und Anpassungskompetenzen. 

Was geschieht in unserem Körper, wenn wir Stress haben?

Um die Anforderung zu bewältigen, schaltet der lebende Organismus auf Kampf/Flucht. Dabei modulieren drei Stressachsen gemeinsam Immunantwort, Schmerzverarbeitung und Stimmungslage:

  1. Die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse HHNA schüttet Kortisol aus
  2. Die sympathische Achse SA schüttet Noradrenalin sowie Adrenalin aus
  3. Die dritte Stressachse schüttet Neuropeptide und Zytokine aus

Diese Neurotransmitter verändern unser Bewusstsein, unsere Herz-Kreislauf-Leistung sowie den Tonus unserer glatten Muskulatur und des Halte-, Stütz- und Bewegungsapparates. Außerdem aktivieren sie die Sekretion von Schweiß- und Verdauungssäften und regen den Energiestoffwechsel an.

Wenn wir die Stresssituation erfolgreich bewältigen, schüttet unser Gehirn Dopamin aus. Es wird ein Belohnungssystem aus Entspannung, Befriedigung und Rekreation wird in Gang gesetzt. Dieses kann zwar auch eine suchtartige Herausforderungs- und Stresssuche auslösen, ist aber grundsätzlich gesundheitsfördernd und lebenssichernd (Stichwort Eustress). 

Strömen zu viele Reize auf uns ein, reagiert unser Körper mit einer überdimensionierten Alarmreaktion und akuter Erschöpfung. Wenn diese Belastung weiter andauert, wird aus der akuten Belastungsstörung eine Anpassungsstörung. Besonders bei genetisch induzierten Individuen kann die stressinduzierte verstärkte Ausschüttung von Neuropeptiden zu neurogenen Entzündungen in peripheren Organen wie lokale Entzündungsreaktionen mit oxidativem Stress und Schmerzen führen.

Reagieren Männer und Frauen unterschiedlich auf Stress?

Generell gibt es Hinweise darauf, dass Männer und Frauen unterschiedlich Stress empfinden und auch anders mit Stress umgehen. Diese Unterschiede sind zwar schon im Volkschulalter zu beobachten, sind aber vor allem im Jugendalter besonders ausgeprägt. So besteht bei Mädchen eine höhere Stresssymptomatik und -vulnerabilität als bei Jungs. Im Hinblick auf die Bewältigungsstrategien lässt sich beobachten, dass Frauen eher soziale Unterstützung suchen, während Männer häufiger versuchen, Stress durch Vermeidung zu bewältigen.

Auswirkungen von chronischem Stress

Chronischer Stress entwickelt sich schleichend und hat keinen erkennbaren konkreten Anfang, sondern ist eine kontinuierliche Belastung mit einem typischerweise längeren Zeitverlauf. Er ist gekennzeichnet durch häufig wiederkehrende Belastungen. Dabei ist es irrelevant, ob der Stress geringe oder hohe Intensität hat. Ein starker Zusammenhang besteht zwischen psychologischen und physiologischen Faktoren von Stress. Weitere Teile von chronischem Stress sind belastende »non-events«, also Geschehnisse, die man erwartet, aber die nicht eintreten.

Chronisch aktiver oder aktivierter Stress (Stichwort Distress) beeinflusst negativ das körperliche Gleichgewicht und führt zu fortschreitender vegetativer Dysfunktionalität, Ressourcenverarmung und struktureller körperlicher Erkrankung. Eine chronische Aktivierung erschöpft und desensibilisiert das gesamte System. In Folge ist die Aktivierbarkeit der beiden Stressachsen HHMA und SA gerade in Akutsituationen geschwächt. Und die schnelle Bereitstellung von Neurotransmittern für eine akute Stressregulation ist beeinträchtigt. 

Das Chronische Erschöpfungssyndrom (CFS) ist eine anhaltende Erschöpfung von min. 6 Monaten, die einerseits nicht durch medizinische Ursachen erklärt werden kann, und andererseits nicht das Resultat einer andauernden Anstrengung ist. Darüber hinaus kann die empfundene Erschöpfung durch Ruhephasen nicht mehr gemildert werden. Es kommt zu einer Reduktion von sozialen und beruflichen Aktivitäten. Bei Personen mit CFS ist eine verringerte Funktionsfähigkeit der endokrinen Stressachse zu finden, was sich unter anderem durch ein Defizit des Stresshormons Kortisol belegen lässt. 

Ein anderes, mit chronischem Stress assoziiertes Störungsbild ist das Takotsubo-Syndrom. Dieses ist im Westen besser als das Broken-Heart-Syndrom bekannt. Hierbei handelt es sich um eine stressbedingte akute Herzerkrankung mit oft schwerwiegenden Ausgang. Die Todesrate liegt bei etwa 4,5% der PatientInnen, wobei 89,8% der Betroffenen (v.a. postmenopausale) Frauen sind. 

Was du gegen (deinen) Stress tun kannst, liest du in unserem nächsten Beitrag: Nie wieder Stress! Bleib dabei!

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