Wusstest du, dass sich Informationen im Gehirn mit 431 km/h fortbewegen?

Hast du schon mal darüber nachgedacht, wie deine innere Uhr funktioniert? Oder wie du dich an etwas erinnerst, das vor vielen Jahren passiert ist? Das alles sind komplexe Prozesse, die dank der Arbeit von unzähligen Neuronen und Neurotransmittern möglich sind.

Jeder flüchtige Gedanke, den du hast, jede Erinnerung, die du hervorrufst und jedes Gefühl, das du empfindest, ist das Ergebnis einer erstaunlichen Aktivität in deinem Gehirn. In diesem Moment bewegen Milliarden von Neuronen die Informationen deinem Gehirn mit atemberaubender Geschwindigkeit von 120 Metern pro Sekunde (etwa 413km/h). Diese kleinen Zellen sind die Bausteine unseres Nervensystems und ihr schneller und unermüdlicher Betrieb ist das, was unser Gehirn am Laufen hält.

Wie die Informationen weitergeleitet werden

Dieses Gehirn ist ein faszinierendes Netzwerk aus Neuronen, also Nervenzellen. Jede Nervenzelle besteht aus einem Zellkörper, Dendriten und einem Axon. Der Zellkern enthält die DNA und reguliert die Zellaktivitäten, wie die Synthese von RNA und Proteinen. Die Dendriten fungieren als »Empfänger« und nehmen die Signale von anderen Nervenzellen oder Sinneszellen auf, während die Axone sozusagen die »Sender« sind. Diese Signale werden von chemischen Botenstoffen, den Neurotransmittern, übertragen, die von anderen Neuronen freigesetzt werden.

Wenn die empfangenen chemischen Signale stark genug sind, erzeugen die Zellkörper eine elektrische Spannung, die als »Aktionspotenzial« bezeichnet wird. Dieses Aktionspotenzial ist ein schneller Wechsel in der elektrischen Ladung über die Zellmembran des Neurons. Dieser Prozess beginnt am Axonhügel (dem Übergang vom Zellkörper zum Axon) und breitet sich entlang des Axons aus, ähnlich wie ein elektrischer Impuls entlang eines Kabels.

Wovon die Geschwindigkeit abhängt

Die Geschwindigkeit, mit der diese Aktionspotenziale weitergeleitet werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ein entscheidender Faktor ist die Myelinscheide, eine Art Isolierschicht um die Nervenfasern. Sie wird von speziellen Zellen (Schwann-Zellen im peripheren Nervensystem und Oligodendrozyten im zentralen Nervensystem) gebildet und ermöglicht es dem Aktionspotenzial, schneller zu reisen, indem es von einem Ranvier'schen Schnürring (kleine Lücken in der Myelinschicht) zum nächsten springt, was als saltatorische Erregungsleitung bezeichnet wird.

Myelinisierte Nervenfasern leiten Signale besonders schnell, mit Geschwindigkeiten von bis zu 120 Metern pro Sekunde. Im Vergleich dazu bewegt sich das Aktionspotenzial in unmyelinisierten Fasern kontinuierlich entlang des Axons und ist deshalb deutlich langsamer: Sie schaffen nur etwa 1 bis 3 Meter pro Sekunde.

Diese Unterschiede sind nicht nur theoretischer Natur – sie haben direkte Auswirkungen auf unser tägliches Leben. Zum Beispiel ermöglicht die schnelle Signalübertragung durch myelinisierte Nervenfasern blitzschnelle Reaktionen, wie das reflexartige Zurückziehen der Hand von einer heißen Herdplatte.

Wie die Information übertragen wird

Wenn das Aktionspotenzial das Ende des Axons erreicht, werden Neurotransmittern in den synaptischen Spalt – den winzigen Raum zwischen dem Neuron und der nächsten Zelle – freigesetzt. Diese Neurotransmitter binden an Rezeptoren auf der Oberfläche der nächsten Nervenzelle (oder einer anderen Zielzelle wie einer Muskelzelle), wodurch ein neues elektrisches Signal in dieser Zelle ausgelöst wird. Und das Spiel beginnt von vorne.

Nachdem die Neurotransmitter ihre Nachricht übermittelt haben, werden sie entweder wieder in das ursprüngliche Neuron aufgenommen, abgebaut oder von anderen Zellen entfernt, um den synaptischen Spalt für das nächste Signal zu »resetten«.

Was die Informationsübertragung beeinflusst

Dieser Prozess der Signalübertragung ermöglicht es dem Gehirn, Informationen blitzschnell zu verarbeiten, Entscheidungen zu treffen und den Körper zu steuern. Jedes Neuron kann Tausende von Verbindungen (Synapsen) zu anderen Neuronen haben, was die Komplexität und Effizienz des Nervensystems enorm erhöht.

Es gibt verschiedene Faktoren, die die Geschwindigkeit der Informationsweiterleitung beeinflussen können. Mit zunehmendem Alter oder bei neurologischen Erkrankungen kann die Myelinschicht abgebaut werden, was zu einer Verlangsamung der Signalübertragung führt. Dies kann Reaktionszeiten verlängern und kognitive Fähigkeiten beeinträchtigen.

Wie wir gesehen haben, sind es nicht nur die Neuronen allein, sondern auch ihre Wechselwirkungen und Verbindungen, die unser Gehirn so außergewöhnlich machen. Entscheidend sind auch die chemischen Botenstoffe, die Neurotransmitter: Sie geben Befehle an die Neuronen, Informationen zum und vom Gehirn und durch den gesamten Körper zu leiten.

Veränderungen im Gleichgewicht dieser Neurotransmitter können erhebliche Auswirkungen auf das Verhalten, die Stimmung und die kognitive Funktion haben. Hier sind einige Beispiele für die Auswirkungen solcher Veränderungen:

1. Dopamin

  • Erhöhtes Dopamin: Kann zu Zuständen wie Schizophrenie oder Manie führen, die durch übermäßige Erregung und Halluzinationen gekennzeichnet sind.
  • Vermindertes Dopamin: Ist häufig mit Parkinson-Krankheit verbunden, was zu motorischen Störungen, Zittern und Schwierigkeiten bei der Bewegung führt.

2. Serotonin

  • Erhöhtes Serotonin: Zu viel Serotonin kann das Serotonin-Syndrom verursachen, eine gefährliche Erkrankung, die Unruhe, Verwirrung, erhöhten Puls und Blutdruck, Muskelzuckungen und sogar Krampfanfälle auslösen kann.
  • Vermindertes Serotonin: Wird oft mit Depressionen, Angstzuständen und Schlafstörungen in Verbindung gebracht. Ein Mangel an Serotonin kann auch das Risiko für aggressive Verhaltensweisen erhöhen.

3. Noradrenalin (Norepinephrin)

  • Erhöhtes Noradrenalin: Kann zu Symptomen wie erhöhter Herzfrequenz, Bluthochdruck, Angstzuständen und Panikattacken führen.
  • Vermindertes Noradrenalin: Wird häufig mit depressiven Zuständen und niedriger Motivation assoziiert.

4. GABA (Gamma-Aminobuttersäure)

  • Erhöhtes GABA: Führt zu beruhigenden Effekten und kann Angst reduzieren, aber auch zu übermäßiger Sedierung und Schläfrigkeit führen.
  • Vermindertes GABA: Kann Angstzustände, Reizbarkeit und in extremen Fällen epileptische Anfälle auslösen.

5. Acetylcholin

  • Erhöhtes Acetylcholin: Kann übermäßige Muskelkontraktionen, Krämpfe und vermehrte Speichelproduktion verursachen.
  • Vermindertes Acetylcholin: Ist mit Alzheimer-Krankheit verbunden und führt zu Gedächtnisstörungen, Aufmerksamkeitsdefiziten und Lernschwierigkeiten.

Veränderungen in der Balance dieser und anderer Neurotransmitter können durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden, darunter genetische Prädispositionen, Ernährung, Medikamente, Stress und Umwelteinflüsse.

Was wir für eine schnelle Signalübertragung tun können

Die Signalübertragung im Gehirn ist ein hochkomplexer Prozess, der von vielen Faktoren beeinflusst wird, darunter Ernährung, Lebensstil und Umwelt. Wenn du die Gesundheit des Gehirns und die Effizienz der neuronalen Kommunikation fördern willst, kannst du gezielt deine Neuronen und Neurotransmitter unterstützen:

1. Ernährung zur Unterstützung der Myelinisierung und Neurotransmitterproduktion

  • Omega-3-Fettsäuren: Diese essentiellen Fettsäuren sind besonders wichtig für die Gesundheit der Myelinscheide, die das Axon von Neuronen umgibt und die Geschwindigkeit der Signalübertragung erhöht. Fette Fische wie Lachs, Makrele und Thunfisch sind reich an Omega-3-Fettsäuren. Auch Walnüsse und Leinsamen sind gute pflanzliche Quellen.
  • Antioxidantienreiche Lebensmittel: Beeren, grünes Blattgemüse und Nüsse enthalten Antioxidantien, die die Gehirnzellen vor oxidativem Stress schützen. Freie Radikale können die neuronale Funktion beeinträchtigen und die Signalübertragung verlangsamen.
  • B-Vitamine: Besonders B6, B9 (Folsäure) und B12 spielen eine entscheidende Rolle bei der Synthese von Neurotransmittern wie Serotonin und Dopamin. Diese Vitamine sind in Vollkornprodukten, Eiern und Hülsenfrüchten zu finden.

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2. Regelmäßige körperliche Aktivität

  • Förderung der Neurogenese: Regelmäßige Bewegung, insbesondere Ausdauersportarten wie Laufen oder Schwimmen, fördert die Bildung neuer Neuronen (Neurogenese) im Hippocampus, einem Gehirnbereich, der für das Gedächtnis wichtig ist. Bewegung erhöht zudem die Durchblutung des Gehirns, was die Versorgung der Neuronen mit Sauerstoff und Nährstoffen verbessert.
  • Reduktion von Entzündungen: Körperliche Aktivität reduziert chronische Entzündungen im Körper, die die Funktion von Neuronen beeinträchtigen und die Signalübertragung verlangsamen können.

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3. Stressmanagement

  • Balance der Neurotransmitter: Chronischer Stress erhöht die Produktion von Cortisol, einem Hormon, das die Signalübertragung im Gehirn negativ beeinflussen kann. Techniken wie Meditation, Achtsamkeitstraining und tiefe Atemübungen helfen, Cortisolspiegel zu senken und das Gleichgewicht der Neurotransmitter aufrechtzuerhalten.
  • Mehr und längere Entspannungsphasen: Regelmäßige Entspannungsphasen, wie sie durch Yoga oder Tai Chi gefördert werden, unterstützen die Regeneration der Neuronen und verbessern die neuronale Plastizität, also die Fähigkeit des Gehirns, sich an neue Informationen und Erfahrungen anzupassen.

Mehr Infos und Tipps findest du hier: Nie wieder Stress!

4. Kognitive Herausforderungen und Lernaktivitäten

  • Stärkere neuronale Verbindungen: Mentale Herausforderungen, wie das Erlernen einer neuen Sprache, das Lösen von Rätseln oder das Spielen von Instrumenten, fördern die Bildung und Stärkung neuer synaptischer Verbindungen. Dies verbessert die Effizienz der Signalübertragung zwischen den Neuronen.
  • Anregung der Neuroplastizität: Durch ständige kognitive Aktivität bleibt das Gehirn flexibel und anpassungsfähig, was die Verarbeitungsgeschwindigkeit von Informationen verbessert.

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5. Schlafhygiene

  • Regeneration der Neuronen: Ausreichender und erholsamer Schlaf ist entscheidend für die Regeneration von Neuronen und die Konsolidierung von Gedächtnisinhalten. Während des Schlafes durchläuft das Gehirn Phasen intensiver neuronaler Aktivität, die die Signalübertragung und den Erhalt von Verbindungen stärkt.
  • Tiefschlafphasen: Diese Phasen sind besonders wichtig für die Entfernung von Abfallprodukten aus dem Gehirn, die sich tagsüber ansammeln. Ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus unterstützt diese Prozesse optimal.

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Mit diesen praktischen Tipps kannst du dein Gehirn gesund halten und die neuronale Signalübertragung ankurbeln. Ein gesunder Lebensstil, der auf ausgewogener Ernährung, regelmäßiger Bewegung, Stressmanagement und ausreichendem Schlaf basiert, ist entscheidend für ein optimal funktionierendes Gehirn.

Ein Gedanke noch am Schluss

Was noch erstaunlicher ist, ist dass unsere Gehirne ständig verändern, lernen und sich anpassen. Es ist ein ständiges Wachstum und Umbau, damit wir uns an die Herausforderungen und Anforderungen des Lebens anpassen können. Es ist ein schönes Beispiel für die Wunder der Natur, und doch gibt es immer noch so viel mehr zu lernen und zu entdecken.


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